„Tage, wenn sie
scheinbar uns entgleiten, gleiten leise doch in uns hinein, aber wir verwandeln
alle Zeiten; denn wir sehnen uns zu sein.“ Rainer Maria Rilke (1875–1926)
Der Mond bewirkt, je nach Abstand von der Erde, die Gezeiten
der Ozeane, Ebbe und Flut. Das ist ein Naturgesetz. Dieses sichtbare Sein und Wieder-Verschwinden,
das
Fließen und Verfließen, sind ein
intelligentes Gleichnis für das Mysterium des ewigen Kreislaufs von Werden,
Wachsen und Vergehen, in den der Mensch als biologisches Wesen auf Gedeih und
Verderb eingebunden ist.
In archaischen Mythen wurde die Kraft des Mondes auch mit
dem beängstigenden Urweiblichen verbunden, das nicht nur über das Leben,
sondern auch über den Tod gebietet.
Anita Voigt ist eine spirituelle Künstlerin, die altes
Wissen in sich trägt, die erlebte Landschaftsräume in reduzierter bildlicher
Umsetzung mit einer visionär-philosophischen Dimension verbindet. So erwächst
aus dem Sichtbaren auch Geistiges für den aufmerksamen Betrachter. So verbindet
sich auf geheimnisvolle Weise Bewusstes mit dem Unbewussten. Naturgewalten sind
immer faszinierend, ja beeindruckend. Zugleich haben sie auch eine heilsame
Wirkung auf die Hybris des Menschen und sein bewusstes Sein und Handeln. Die
elementare, unbändige Kraft der Natur weist ihm seinen Platz wieder zu, als
Teil des Universums.
Gezeiten: Das Wort imaginiert Veränderung, eine Metamorphose
in der zyklischen Ausrichtung des Lebens auf der Erde. Und dieses Wissen hilft,
den Reigen von Geburt und Tod, Nähe und Ferne mit Gelassenheit und Würde
anzunehmen und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu gestalten, um dem Leben
einen Sinn zu geben.
Je tiefer man in die Landschaften von Anita Voigt
hineinsieht, desto mehr ist man bei sich …
„Das ist die
Sehnsucht: wohnen im Gewoge und keine Heimat haben in der Zeit. Und das sind
Wünsche: leise Dialoge der armen Stunden mit der Ewigkeit.“ Rainer Maria Rilke