Anita Voigt

Ausstellung «Im Fluss» in der Galerie Stilconzept Hoyerswerda 2009

Gabriele Haugk

Anita Voigt-Hertrampfs Inspiration ist die Natur, da liegen ihre Wurzeln. Durch ihre Fähigkeit zur genauen und konzentrierten Beobachtung und ihr bildhaftes Gedächtnis gelangt sie immer wieder zu neuem schöpferischem Ausdruck und neuer

Kreativität.

„Doch jeder Blickwinkel verlangt eine andere künstlerische Sprache, eine andere Technik.“ sagt sie. Deshalb fing sie vor einigen Jahren an mit Tusche zu experimentieren. Ihr Weg führte sie dabei konsequenterweise zur chinesischen Reibetusche, welche aus feinstem, edelstem Ruß alter Nadelbäume und tierischem

Leim als Bindemittel hergestellt wird. Mit dieser Tusche kann man beim Malen zarteste Grauabstufungen und Schattierungen erreichen.

Doch wie viel Wasser ist nötig, damit ein Grauton entsteht, aber auf dem zarten. Japanpapier nicht verläuft? Wie lange muss man den Tuschestein reiben, damit ein tiefes und kontrastreiches Schwarz entsteht? Was an dieser Technik fasziniert, dass man sich Ihr mit Ernst und Hingabe zuwenden muss, um mit den wenigen Mitteln, einer Farbe, wohlgesetzten Pinselstrichen und sehr viel Leerraum, ein solch hohes Maß an Ausdruckskraft zu erreichen.

So Yu Shih-nan ein chinesischer Maler aus dem 7.Jahundert n.Ch. beschrieb es so: „ Wenn man den Pinsel in die Hand nimmt, dann muss man sein Sehen zurücknehmen, das Hören umkehren, alle Gedanken abtun und sich auf die spirituelle Wirklichkeit konzentrieren. Wenn der Geist still und der Atem harmonisch

ist, dann wird das Werk ins Allerfeinste gelingen.“

Schon beim Reiben des Tuschblocks auf dem Reibstein ist es der Künstlerin durch die gleichmäßige Bewegung möglich, sich vom Alltäglichen zu lösen und innerlich ganz auf das Malen vorzubereiten. Das Atelier wandelt sich dabei zum Ort der Balance, in einen von allen Nebensächlichkeiten befreiten Raum, in dem unter Konzentration und gelöster Haltung die Werke entstehen.

Zuerst sind es nur zarte Flecken, die das Thema Steine, Wasser, Fluss aufnehmen. Folgt man aber der Spur des Pinsels auf dem Papier, den Tuschelinien und sanften, nebelhaft durchscheinenden Grautönen, so führen sie uns in ein Reich der Imagination. Die Grenzen sind fließend. Gegenständliches wandelt sich in Abstraktes, das bei aller Nichtgegeständlichkeit niemals seinen Ursprung verleugnet.

Dabei geht es Anita Voigt-Hertrampf nicht um ein identisches Abbild der Natur, sondern um einen freien Ausdruck und Kreativität bei der Umsetzung Ihrer Eindrücke. Alles, was sie in sich aufgenommen hat fließt durch den Pinsel auf das hauchzarte Papier und kommt ruhig und klar zurück. Mit fragiler Leichtigkeit sind

Gefühle und Erfahrungen reflektiert und gleichsam konserviert.

Beginnend mit dem zartesten Grauton bearbeitet sie mehrere Blätter gleichzeitig, da das Papier zwischendurch zum Trocknen weggelegt werden muss. Immer wieder muss sich die Künstlerin deshalb von neuem an ihr Werk herantasten, einfühlen, reflektieren, ankommen. Die fertigen Bilder sind somit das Resultat einer ständigen Annährung und Hinterfragung.

Die virtuose Beherrschung des Pinsels und das tiefe Einfühlen sind die Voraussetzungen dafür, dass der Betrachter der Künstlerin in die visuellen Zwischenräume folgen und das von der Künstlerin Angedachte in seinen eigenen Gedanken vollenden kann.

Gabriele Haugk

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